Ostern, 01.04.2021
Autorenkalender
Die Glocken läuten
Die Glocken läuten
zu Gründonnerstag,
sie sind den halben Tag lang zu hören.
Ein Engel erscheint und neben ihm der Teufel.
Luther steht nach seinen vielen Selbstzweifeln
endlich von dem kalten Marmorboden auf
und predigt vor allen Menschen
von dem einen liebenden, gütigen und verzeihenden Gott,
ohne Preisgeld, ohne Sühne , ohne Schuld.
Gott ist für uns Menschen immer da, so Luthers Erkenntnis.
Das passt nicht jedem,
er muss fliehen,
jeder muss fliehen,
dorthin wo ihm Schutz gewährt wird
und dahin,
wo es ohne Schuld zu leben gilt.
Die Glocken läuten
zu Gründonnerstag,
sie sind den halben Tag lang zu hören,
der Engel weint, der Teufel grinst.
Der Hahn krähte drei Mal
bevor der Verrat,
das Todesurteil durch einen Kuss begann.
Die Glocken läuteten
zu Gründonnerstag,
jeder hörte sie den halben Tag lang.
Vielleicht ist der Gründonnerstag
auch der Tag des blauen Blitzes,
in dem tagschnell und in farbenfroher Manier,
die Eier in die moosbedeckten Felsengruben gelegt wurden,
und am selben Tag erblickte ein kleines Küken beim Einritzen der Schale
sein Leben.
Es befreite sich durch seinen scharfen Schnabel, aus eigener Kraft
und Gottes Liebe,
aus seinem Kokon
und verschaffte sich
den Blick in die Welt
und wird danach (hoffentlich )
einen ganzen Tag lang ,
wenn nicht noch länger krähen,
um das Leben zu begrüßen
ohne Schuld, ohne Angst, ohne Selbstzweifel.
Die Glocken läuteten seitdem sehr lang an Gründonnerstag,
kein Kuss verriet mehr einen andersdenkenden Menschen,
der Teufel verlor sein Grinsen
und schau,,,,
dort fliegen goldenen Engelshaare.
Annette Weide-Klees / Ostern 2021